Erste randomisierte Studie für ATRT (Atypische Teratoide, Rhabdoide Tumoren) in Europa

Atypische Teratoide, Rhabdoide Tumoren (ATRT) sind seltene, hoch aggressive Tumoren des Zentralnervensystems, ZNS (Gehirn und Rückenmark), die vor allem sehr junge Kinder (Alter bei Diagnose meist 18-22 Monate) betreffen. Die Europäisches Rhabdoidregister (EU-RHAB) hat im Zeitraum von als 15 Jahre die Daten von über 450 betroffenen Patienten erfasst und sowohl (epi)genetische als auch klinische Angaben ausgewertet.

 

Alle betroffenen Kinder wurden nach einem einheitlichen Therapieschema auf der Basis eines einheitlichen Expertenkonsenses behandelt. Die Therapieempfehlungen des EU-RHAB Registers wurden so zur Grundlage für die im Folgenden skizzierte klinisch kontrollierte Studie.

Weniger Folgeschäden bei gleicher Wirkung? Hoch-Dosis-Chemotherapie gegen Strahlentherapie

Einige entscheidende Fragen konnten von den Registeranalysen in EU-RHAB nicht geklärt werden. Dies gilt unter anderem für die Frage, ob sich Spätschäden bei Kleinkindern infolge einer Strahlentherapie durch den Einsatz einer Hoch-Dosis-Chemotherapie (HDCT) vermeiden lassen ohne die Heilungschancen zu schmälern. Um einen entscheidenden Schritt in Richtung einer Therapieverbesserung zu tun, die Heilungsraten zu erhöhen und gleichzeitig die Nebenwirkungsrate so niedrig wie möglich zu halten, wurde ein „Umbrella-Konzept“ (Studie, die aus mehreren Teilen besteht und alle betroffenen Patienten je nach Risikoprofil einem Therapiearm zuordnet) für Kinder mit ATRT in Europa entworfen. Dies ist die SIOPE ATRT01 Studie mit den drei Teilen: Part A (12-35Monate), B (<12 Monate) und Part C (>35 Monate).

SIOPE ATRT01 – Erste randomisierte Studie für ATRT in Europa

Integraler Bestandteil des Konzeptes von europaweiten Studie SIOPE ATRT01 ist eine randomisierte, klinische Studie nach §4 (23) AMG (Part A). Primäres Ziel dieser Studie ist es die Nicht-Unterlegenheit einer HDCT gegenüber einer Strahlentherapie für Patienten in einem Alter von 12-35 Monaten zu prüfen. Nach einer Behandlung mit drei Chemotherapiekursen erfolgt eine rein zufällige Zuordnung zu einem von zwei in der Wirksamkeit und im Nebenwirkungsprofil nicht sicher unterscheidbaren Armen. Um sicher zu gehen, dass die Patienten in den beiden Gruppen gleich verteilt sind, wird jeder Patient nach dem Zufallsprinzip einer der beiden Gruppen zugeordnet. Dieses Verfahren wird Randomisierung (zufällige Zuordnung) genannt. Während im „Arm HDCT“ eine Therapie mit drei Kursen HDCT erfolgt, erhalten Patienten im Arm RT eine Radio-Chemotherapie mit 12 Kursen Chemotherapie und parallel eine Strahlentherapie. Patienten außerhalb des Part A (z.B. < 12 oder >35 Monate) werden je nach Risikokonstellation entweder mit HDCT (Part B – HDCT) oder mit einer Radiotherapie und 12 Kursen einer konventionellen Chemotherapie (Part C – RT) behandelt. In Part B und C erfolgt ein Vergleich mit historischen Kontrollen (Patienten aus dem EU-RHAB Register und andere Daten aus der Literatur).

Mit der richtigen Therapie Lebensqualität steigern

Neben der Nichtunterlegenheit hat die Studie einen Neuropsychologischen Endpunkt. Im Rahmen der Studie werden neuropsychologische Untersuchungen durchgeführt, die mittels einer speziell zusammengestellten Testbatterie die Entwicklung der kognitiven Dimensionen (z.B. Gedächtnis, Konzentrationsfähigkeit) und die Lebensqualität der (Klein-)Kinder und Jugendlichen überprüft. Es soll dabei untersucht werden, ob Kinder, die in jungem Alter eine Strahlentherapie erhalten, nach 2, 5 und 10 Jahren in ihrer geistigen Entwicklung stärker beeinträchtigt sind als solche, die eine HDCT erhalten haben.

SIOPE ATRT01 ist die erste randomisierte, kontrollierte, klinische Studie für Kinder mit der Erstdiagnose ATRT im deutschsprachigen und europäischen Raum. Alle von einem ATRT betroffenen Kinder und Jugendlichen sollen in die Studie SIOPE ATRT01 aufgenommen werden, um möglichst viel über die Erkrankung und insbesondere über die Therapie und ihre Nebenwirkungen zu lernen. Die Laufzeit beträgt 8 Jahre (5 Jahre Rekrutierung und 3 Jahre Nachbeobachtung) und wird mit 1.8 Millionen € von der Deutschen Kinderkrebsstiftung finanziell gefördert.

Kontakt

Universitätsklinikum Augsburg, Team EU-RHAB
Telefon: 0821/400-9340
E-Mail: eurhab@uk-augsburg.de