Sentinel-Lymphonodektomie (SLNE, Wächterlymphknoten-OP)

Die Gefährlichkeit des malignen Melanoms, auch „schwarzer Hautkrebs" genannt, und auch die einiger anderer seltener Hauttumortypen, besteht nicht in ihrem Wachstum vor Ort, sondern in ihrer Fähigkeit, Tochtergeschwülste (Metastasen) zu streuen, die im fortgeschrittenen Stadium kaum noch beherrschbar sind und somit lebensbedrohend werden.

Die ersten Metastasen finden sich bei der Mehrzahl der Melanompatienten in den regionären Lymphknoten. Sie gelangen über die Lymphwege dorthin, die mit nuklearmedizinischen Methoden (Lymphszintigraphie) unter geringer Strahlenbelastungnachvollziehbar sind.Die ersten Ziellymphknoten, die sog. Wächterlymphknoten, lassen sich somit schon am Tag vor der Operation lokalisieren, so dass man sie in Vollnarkose unter Schonung der Umgebung dann mit Hilfe einer strahlungssensiblen Gammasonde aufsuchen und gezielt operativ entfernen kann.Dieser komplikationsarme Eingriff wird meist mit der stadiengerechten Entfernung des Hautmelanoms oder mit der Nachoperation zur Herstellung des leitliniengerechten Sicherheitsabstandes um die Erstoperationsnarbe kombiniert.

Bei etwa 20 % der Patienten mit Melanomen der Tumordicke > 0,75 mm lassen sich mit akribischen Analysemethoden Mikroabsiedlungen des Melanoms in diesen Lymphknoten nachweisen, oft rechtzeitig, bevor andere Lymphknoten oder gar andere Organe in das Metastasierungsgeschehen einbezogen sind.
Die von uns in den 90er Jahren entwickelte S-Klassifikation des Wächterlymphknotenbefalls ermöglicht eine gute Abschätzung des Risikos noch weiterer Metastasen. Auf dieser Basis besprechen wir mit betroffenen Patienten zusätzliche operative und medikamentöse Optionen, oder auch den möglichen Verzicht hierauf zugunsten engmaschiger Nachsorgeuntersuchungen mit Ultraschalluntersuchungen der relevanten Lymphknotenstationen.

Unsere 15-jährige Erfahrung mit der SLNE und der S-Klassifikation erlauben uns hier differenziertere Empfehlungen, als es die bisher gültigen deutschen Leitlinien vorsehen, durchaus aber im Einklang mit dem veröffentlichten Vorgehen auch in anderen europäischen und nordamerikanischen Zentren (z.B. Amsterdam, Wien, Quebec), die über ähnlich lange und detaillierte Erfahrungen verfügen wie wir.Die Zahl radikaler Lymphknotenausräumungen ließ sich so ohne erkennbaren Nachteil für unsere Melanompatienten seit mehreren Jahren deutlich reduzieren, und somit auch die damit verbundenen Nebenwirkungen wie Wundheilungsstörungen, anhaltende Lymphödeme und damit verbundene Einbußen an Leistungsfähigkeit und Lebensqualität.

Über die deutsche Leitlinie hinaus raten wir Melanompatienten nicht erst ab 1 mm Tumordicke, sondern bereits ab 0,76 mm, zur SLNE. Denn immerhin etwa 10 % dieser Patienten zwischen 0,76 und 1 mm, die mittlerweile etwa ein Viertel aller SLNE-operierter Melanompatienten in Augsburg ausmachen, profitieren so von der Frühbeseitigung von Lymphknotenmetastasen, meist mit dann anhaltender Tumorfreiheit.