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Zukunft der Pflege - Möglichkeiten und Grenzen im Zusammenspiel von Mensch und Technik

An Themen wie Digitalisierung, Robotik und Künstliche Intelligenz kommt man heutzutage in keinem Lebensbereich mehr vorbei. Auch am Universitätsklinikum Augsburg werden diese Felder längst bespielt. Bislang gibt es im deutschen Gesundheitswesen nur ein paar Pilotstudien. Auch die Politik fördert einzelne Projekte. Doch im Pflegealltag dürfte die Robotik immer wichtiger werden, denn wir alle werden älter und in 30 Jahren wird es zwei Millionen mehr Pflegebedürftige geben als heute – insgesamt rund 6 Mio. Menschen. Der drohende Versorgungsengpass lässt sich kaum mehr aufhalten. Dem gilt es entgegenzuwirken bei gleichzeitiger Weiterentwicklung der Pflegequalität. Damit diese zukünftige Entwicklung menschlich gestaltet wird und bestehende Prozesse optimiert werden, müssen wir heute schon die Weichen im Umgang mit der Technik stellen.

Das Team der Abteilung »Digitale Vernetzung in der Pflege« unter der Leitung von Andreas Mahler arbeitet seit einem Jahr an der Entwicklung eines Transportroboters. Gefördert wird das Projekt PeTRA vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). Doch was muss man sich darunter vorstellen? PeTRA steht für Personen-Transfer-Roboter-Assistent. Ist ein Patient im Krankenhaus, so hat er je nach Diagnose während seines Aufenthaltes jede Menge Termine: Röntgen, Ultraschall sowie ein oder mehrere Untersuchungen in anderen Fachabteilungen. Die Wege dahin legt er nicht zu Fuß und alleine zurück, sondern der Patient wird vom Krankentransportdienst begleitet, der ihn von A nach B schiebt. Und genau hier soll der technische Helfer in Zukunft unterstützen. Denn der autonome Transportroboter wird für den Krankentransport der Patienten eingesetzt und soll Pflegekräfte in diesen Aufgaben entlasten. Dadurch werden Freiräume geschaffen, die dann für die eigentliche Pflege und Zuwendung am Patienten zur Verfügung stehen. Auch gibt es schon einige Systeme, die die Pflegenden körperlich unterstützen, den Kraftakt bei der Patientenlagerung abnehmen und so Rückenproblemen vorbeugen. Dadurch wird ein Beitrag zu guter, am Wohle des Menschen orientierter Pflege geleistet. Denn es pflegen nicht die Roboter, sondern die Pflegefachpersonen – aber unterstützt von Robotern. Die Technik soll den Menschen entlasten, damit dieser sich aufs Menschsein konzentrieren kann. So können Roboter im Gesundheitssektor dafür sorgen, dass Pflegekräfte mehr Zeit für das Zwischenmenschliche haben, etwa, um mit Patienten zu reden. Die menschliche Kreativität und emotionale Intelligenz wird durch eine Künstliche Intelligenz unterstützt, jedoch niemals ersetzt werden. Was irgendwie noch wie Zukunftsmusik klingt, wird am Universitätsklinikum bereits seit einiger Zeit erforscht und getestet – zum Wohl des Patienten.

Pflege nachhaltig unterstützen und verbessern, insbesondere im Bereich der Digitalisierung von Pflegeberichten, darum geht es in diesem Projekt. care regio ist ein Verbundprojekt, das vom Bayerischen Staatsministerium für Gesundheit und Pflege gefördert wird und aus fünf Partnern besteht: der Hochschule Augsburg, Hochschule Kempten, Hochschule Neu-Ulm sowie der Universität- und des Universitätsklinikums Augsburg. Sämtliche Forschungsansätze verfolgen das Ziel, Pflegekräfte und pflegende Angehörige spürbar zu entlasten sowie Pflegebedürftige in ihrer Selbständigkeit zu unterstützen. Es geht in erster Linie darum, nutzerfreundliche, integrierte und sichere Lösungen zu entwickeln, die den Pflegenden tatsächlich helfen.

Pflegeberichte enthalten wichtige Daten, die für eine weiterführende Pflege unerlässlich sind. Aktuell bekommen die meisten Patienten die Berichte in Papierform und müssen diese mitbringen, wenn sie beispielsweise nach einem Krankenhausaufenthalt in eine Pflegeeinrichtung wechseln müssen oder auch umgekehrt. Das Fachpersonal kann sich dadurch nicht frühzeitig auf die Patienten und Pflegebedürftigen vorbereiten. Passende Hilfsmittel oder Medikamente können nicht im Vorfeld bereitgestellt werden. Hinzu kommt ein immenser Verwaltungsaufwand. Die ausgedruckten Berichte müssen meist manuell in das hauseigene System eingetragen werden. Eine übergreifende digitale Lösung für diese Prozesse gibt es nicht. Jede Institution greift auf ein eigenständiges System zur Datendokumentation zurück. Mit der geplanten digitalen Überleitung der Pflegeberichte soll in Zukunft Zeit gespart werden, damit sich Pflegekräfte wieder mehr um die Patienten kümmern können. Und weil wir es gerade im Gesundheitswesen mit hochsensiblen Daten zu tun haben, richtet sich schon zu Beginn des Projekts der Fokus auch ganz speziell auf die IT-Sicherheit.

ZISLA: Zentrum für Immersions- und Simulationsbasiertes Lernen

Seit Februar 2021 reiht sich das Universitätsklinikum Augsburg in die Reihe der universitären und nichtuniversitären Einrichtungen in Deutschland ein, die die Patientensicherheit, die Patientenversorgung und die Ausbildung von Mitarbeitenden durch simulationsbasierte Lerntechniken verbessern und durch Innovationen und Erkenntnisgewinn aus der Lehrforschung weiterentwickeln werden. Für die medizinische Ausbildung bedeutet dies, dass fallbasierte Lernaktivitäten und -situationen simuliert werden, mit deren Hilfe die Ärzte, Pflegeprofis und alle anderen medizinische Experten Behandlungsabläufe üben und optimieren. Sie tauchen dabei in eine Lernwelt ein, in der Situationen, die den Alltag bestimmen, computergestützt und virtuell erfahrbar gemacht und geübt werden können. Dabei wird das kognitive Lernen mit praktischen Übungen verknüpft und trainiert.

Simulation in der Medizin hat eine Vielfalt an technischer Darstellungsfähigkeit erreicht, die vor vielen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Gleichzeitig hat sie sich inhaltlich und didaktisch rasant weiterentwickelt. Komplexeste Sachverhalte fachlich-technischer als auch nicht technischer Natur (»Human Factors«) können heute durch simulationsbasiertes Training in jeden Bereich der ärztlichen und pflegerischen Aus-, Fort- und Weiterbildung integriert und bearbeitet werden. Immersion geht dabei noch einen Schritt weiter und beschreibt den durch eine Umgebung der Virtuellen Realität hervorgerufenen Effekt, eine computergenerierte, virtuelle Umgebung als real zu empfinden und entsprechend zu handeln. Durch die rasante technische Entwicklung ergeben sich bisher nicht gekannte Möglichkeiten im Rahmen von Fort- und Weiterbildungskonzepten, die die Pflege und Betreuung der Patienten nachhaltig verbessert, da das komplexe Krankheitsbild nachgebildet werden kann, um Behandlung und Diagnose zu trainieren.

Hinweis

Dieser Artikel erschien zu erst in der Ausgabe 3/2021 des Gesundheitsmagazins "GESUNDHEIT ganz groß". Die gesamte Ausgabe finden Sie als PDF-Datei zum nachlesen hier: Ausgabe 3/2021.