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Versorgungslücken für personalisierte Krebstherapien in Bayern schließen

Das Molekulare Tumorboard

Im Rahmen von Molekularen Tumorboards (MOLTB) werden Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen oder seltenen Tumorerkrankungen besprochen, für die häufig keine sinnvolle Standardbehandlungsoption mehr zur Verfügung steht. In den regelmäßig stattfindenden Tumorboards treffen sich Expertinnen und Experten für individualisierte klinische Krebsbehandlung der sechs bayerischen Universitätsklinika (u.a. aus den Bereichen Onkologie, Chirurgie, Strahlentherapie, Radiologie, Pathologie, Humangenetik), um die individuelle Vorgehensweise vor der Weiterführung der Krebstherapie abzustimmen und gemein-sam die bestmögliche Therapie entlang jüngster wissenschaftlicher Erkenntnisse festzulegen. Neben der optimalen Therapieempfehlung und der Harmonisierung der Verfahren für die interdisziplinäre Diagnostik und Behandlung ist die Entwicklung von Strategien zur standortübergreifenden Datennutzung für Studienzwecke eine primäre Aufgabe des bayernweiten Molekularen Tumorboards. „Unser Weg zur internationalen Spitze heißt Exzellenz stärken – Wissen teilen“

 

„Die Einrichtung personalisierter Tumorboards an den sechs bayerischen Universitätsklinika und deren Vernetzung innerhalb des BZKF stellt gemeinsam mit den Einheiten der Early Clinical Trial Units sicher, dass da, wo klinisch sinnvoll, unsere Krebspatientinnen und -patienten flächendeckenden Zugang zu den neuesten, auf dem aktuellen Wissensstand der Forschung entwickelten Therapien erhalten. Insbesondere die Erkrankten mit seltenen Tumoren, jungem Alter und fehlenden Routinebehandlungsalternativen werden im Tumorboard den Fachexpertinnen und-experten aus Bayern vorgestellt. Die empfohlene Personalisierung der Therapie steigert die Wirksamkeit der Behandlung, vermeidet unnötige Nebenwirkungen und garantiert einen effizienten Einsatz von Instrumenten personalisierter Patientenbehandlung. Damit bildet die Onkologie in Bayern den Vorreiter für andere Erkrankungen. Die aufgebauten Strukturen unter wesentlicher Hilfe des BZKF gehören zur Weltspitze“, erklärt Prof. Wilko Weichert, Leiter des Instituts für Pathologie am Klinikum rechts der Isar und Leiter der BZKF-Arbeitsgruppe MOLTB.

 

Das Early Clinical Trial Unit-Tumorboard

Die Entwicklung neuer Medikamente und Therapien basiert auf innovativer präklinischer Forschung und klinischer Prüfung. Dafür sorgen unter anderem die frühen klinischen Studienambulanzen: Die sogenannten Early Clinical Trial Units (ECTU) an den BZKF-Standorten erlauben eine sichere Anwendung der experimentellen Krebsbehandlungen. Prof. Ralf C. Bargou, Leiter der Early Clinical Trial Unit des BZKF und der ECTU des CCC Mainfranken am Universitätsklinikum Würzburg betont: „Durch die Zuweisung von Patientinnen und Patienten an einen der sechs BZKF-Standorte im bayerischen Netzwerk kann das BZKF so ein breiteres Angebot an möglichen klinischen Studien anbieten.“

Dr. Maria-Elisabeth Göbeler, Fachärztin für innere Medizin am Universitätsklinikum Würzburg und Koordinatorin der Early Clinical Trial Unit des BZKF ergänzt: „Ziel des ECTU-Netzwerkes im BZKF ist es, einen verbesserten Zugang für Patientinnen und Patienten in Bayern zu innovativer Tumortherapie zu ermöglichen und Versorgungslücken zu schließen. Seit dem Start des bayernweiten ECTU-Tumorboards im Jahr 2021 findet es in einem vierwöchentlichen Rhythmus statt, um Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen den Zugang zu frühen klinischen Studien und klinischer Innovation in Bayern zu ermöglichen.“

Die Studien in frühen klinischen Phasen der Arzneimittelentwicklung sind nur in speziellen Einrichtungen hoch spezialisierter Krankenhäuser realisierbar. Während eines Tumorboards wird der Behandlungsplan und der medizinische Zustand durch die Expertinnen und Experten der bayerischen Universitätsklinika geprüft und diskutiert. „Unser Weg zur internationalen Spitze heißt Exzellenz stärken – Wissen teilen“

 

Frühe klinische Studien richten sich insbesondere an Patientinnen und Patienten mit fortgeschrittener Tumorerkrankung oder mit einer Genveränderung, die im Zusammenhang mit einer Tumorerkrankung steht. Dr. Lena Weiss, Assistenzärztin der Medizinischen Klinik und Poliklinik III des LMU Klinikums sowie Koordinatorin des BZKF ECTU-Tumorboards berichtet: „Seit der Gründung wurden bereits 37 Patientinnen und Patienten im Rahmen des ECTU-Tumorboards vorgestellt. Die Patienten waren zwischen 10 und 69 Jahre alt und haben durchschnittlich vier Vortherapien in Form von einer Systemtherapie wie Chemotherapie oder anderen zielgerichteten Therapien, Operationen und Strahlentherapie erhalten. Bei 29 Patientinnen und Patienten wurde zuvor eine detaillierte Charakterisierung des betreffenden Tumors vorgenommen, um eine Grundlage für personalisierte Therapieentscheidungen zu erhalten. Wir konnten 83 Prozent der angemeldeten Patientinnen und Patienten eine Empfehlung für eine klinische Studie aussprechen. Dass wir mit der gemeinsamen Empfehlung helfen konnten, ist für das gesamte Team sehr erfreulich und ein Erfolg für die klinische Vernetzung.“

Durch die Studienteilnahmen erhält das BZKF wichtige Ergebnisse für die Entwicklung neuer und effektiver Therapien sowie für die Optimierung von Verträglichkeit. Damit einhergehend ist die Verbesserung der Lebensqualität für Patientinnen und Patienten. Die resultierenden neuen Krebstherapien können dann Patientinnen und Patienten in Bayern flächendeckend zugänglich gemacht werden. Da die Wirkstoffe der frühen klinischen Studien aber noch weit am Anfang ihrer Entwicklung stehen, sind noch nicht alle potenziellen Nebenwirkungen bekannt, sodass die teilnehmenden Patientinnen und Patienten besonders betreut und überwacht werden müssen. Diese intensive Betreuung wird von den Studienärztinnen und -ärzten in den ECTU sichergestellt.

 

Basis für das Teilen des standortübergreifenden Expertenwissens

Im MOLTB-Tumorboard und im ECTU-Tumorboard werden die Krankengeschichten von onkologischen Patientinnen und Patienten über die behandelnde Universitätsklinik hinaus besprochen. Daher wurde ein eigenes Datenschutzkonzept erarbeitet, das eine sichere und datenschutzkonforme Anmeldung und Besprechung der einzelnen Krankengeschichten ermöglicht. Für die ECTU-Tumorboards wurde eine neue Plattform entwickelt, in der die bayerischen Universitätsklinika ihre Patientinnen und Patienten über ein vorgefertigtes Anmeldeformular anmelden können. Angemeldete Patientinnen und Patienten erhalten ein Pseudonym. Zugang zur zertifizierten Plattform haben ausschließlich Vertreterinnen und Vertreter der bayerischen ECTU. Die erhobenen Tumorboard-Befunde sind dann ausschließlich für die anmeldende Klinik über die Patientenplattform abrufbar. „Unser Weg zur internationalen Spitze heißt Exzellenz stärken – Wissen teilen“

 

 

Bayerisches Zentrum für Krebsforschung (BZKF)

Seit seiner Gründung im November 2019 eröffnet das Bayerische Zentrum für Krebsforschung (BZKF) Patientinnen und Patienten in Bayern mit der Diagnose Krebs neue Wege bei der Behandlung. Mit dem Zusammenschluss der sechs bayerischen Universitätsklinika in Augsburg, Erlangen, den zwei Standorten in München, Regensburg und Würzburg wird nicht nur die Krebsforschung gefördert, sondern auch Kompetenzen und Wissen zu den Themen Früherkennung, Therapie und Nachsorge von Tumorerkrankungen gebündelt und zugleich Betroffenen eine flächendeckende und interdisziplinäre Versorgung angeboten. Das BürgerTelefonKrebs bietet unter der kostenfreien Telefonnummer 0800 85 100 80 eine unkomplizierte Möglichkeit, sich individuell zu allen Fragen bezüglich einer Krebserkrankung beraten zu lassen. Bei Interesse oder Fragen zu einer Patientenvorstellung im MOLTB-Tumorboard oder dem ECTU-Tumorboard des BZKF melden Sie sich gerne per E-Mail unter buergertelefon@bzkf.de.

 

Hinweis:

Dies ist eine Pressemitteilung des Universitätsklinikums Augsburg.
Den Kontakt zur Pressestelle finden Sie hier: Presse.

Von Ines Lehmann | Alle Eltern wollen nur das Beste für ihr Kind. Ohne Ausnahme. Doch manchmal vererben Eltern neben der Genialität, komplizierte mathematische Gleichungen zu lösen auch ein deutlich erhöhtes Risiko für die Entstehung von Malignomen an ihren Nachwuchs, der in praktisch jedem Alter an Krebs erkranken kann. Ist das der Fall, handelt es sich um ein Tumor-Dispositions-Syndrom, kurz TDS. Prominentester Fall eines TDS dürfte US-Schauspielerin Angelina Jolie sein, deren Mutter, Großmutter und eine Tante an verschiedenen Tumoren erkrankten und starben. Jolie ließ sich deshalb vorsorglich erst die Brustdrüsen, dann die Eierstöcke entfernen.

Für Mitarbeiter des UKA, niedergelassene Onkologen und Pflegekräfte sowie alle Interessierten findet am Mittwoch, 13. April, 18 Uhr eine Onlineveranstaltung des Comprehensive Cancer Center Augsburg (CCCA) am UKA statt, die den Titel trägt: Erbliche Disposition für Tumorerkrankungen: Eine interdisziplinäre Herausforderung und multidisziplinäre Chance.

Mindestens fünf bis zehn Prozent aller Krebserkrankungen beruhen auf einer genetisch vererbten Disposition, je nach Tumortyp sind das bis zu 20 Prozent aller Fälle. Demnach treten in Deutschland bis 20.000 Malignome jährlich im Kontext eines TDS auf. Erkennung und korrekte Einordnung von TDS ist deshalb bedeutsam, da betroffene Patienten, Risikopersonen und asymptomatische Anlageträger eine langfristig angelegte medizinische und psychosoziale Betreuung benötigen. Einerseits besteht ein hohes Lebenszeitrisiko für ein definiertes und oft breites Tumorspektrum sowie ein hohes Wiederholungsrisiko bei Familienangehörigen. Andererseits ist durch intensive Vorsorge- und Früherkennungsprogramme sowie daraus resultierende chirurgische Maßnahmen häufig eine effiziente Krebsprävention möglich. TDS stehen daher paradigmatisch für ein äußerst erfolgreiches Konzept der präventiven Onkologie und personalisierten Medizin.

In verschiedenen Kurzvorträgen geben die Onkologen des UKA
•    einen Überblick über das Spektrum und die Krankheitshäufigkeit von TDS im Kindheits- und Erwachsenenalter
•    einen Einblick in die Entwicklung der interdisziplinären Versorgung sowie
•    einen Überblick über aktuelle Entwicklungen im Bereich des familiären Brust- und Eierstockkrebses.

Einwählen können Sie sich unter www.uk-augsburg.de/ccca-va-2022-04-13. Für die Fortbildung gibt es 2 CME-Punkte der Bayerischen Landesärztekammer.