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UK Augsburg erstellt Handlungsempfehlungen für Besucherströme in Pandemiezeiten

COVID-19 | Forschung | Als jüngstes Universitätsklinikum ist Augsburg aktiv in der COVID-19 Forschung im Rahmen des Nationalen Forschungsnetzwerkes der Universitätsmedizin eingebunden und treibt zahlreiche weitere lokale Projekte voran. Eines davon soll entscheidende Impulse für die Steuerung der Besucherströme in deutschen Gesundheitseinrichtungen während einer Pandemie geben.

 

Deutschland, während der ersten Corona-Welle als Musterschüler für sein Pandemie-Management hochgelobt, hat nun, in der zweiten Welle, besonders viele Tote zu beklagen. Insgesamt sind es inzwischen über 66.000. Viele Menschen sind in den Alten- und Pflegeheimen an Corona verstorben. Vor allem Krankenhäuser und Pflegeheime stehen im Fokus eines Forschungsvorhabens, für die insbesondere zwei Augsburger ein Konzept für die Besucherströme in Pandemiezeiten entwickeln sollen. Es sind Dr. Christoph Römmele, COVID-19-Task Force Manager und Oberarzt der III. Medizinischen Klinik am Universitätsklinikum Augsburg, sowie Prof. Dr. Jens O. Brunner, Inhaber des Lehrstuhls für Health Care Operations/Health Information Management an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Augsburg.

Wie berichtet, ist dieses Projekt Best Practice zu den Besucherströmen in Pandemiezeiten eines von über 40 Projekten am UK Augsburg, die sich mit der Erforschung eines bestimmten Aspektes der SARS-CoV-2-Erkrankung befassen. Der Vorstandsvorsitzende und Ärztliche Direktor des Klinikums, Prof. Dr. Michael Beyer, sagt dazu: „Diese Pandemie, die wir nun seit mehr als zwölf Monaten zu bewältigen versuchen und die uns besonders in der zweiten Welle an die Grenzen unserer Leistungsfähigkeit gebracht hat, wird uns noch eine Zeitlang begleiten. Der Impfstoff ist ein erster Hoffnungsträger. Dennoch lernen wir jeden Tag dazu, sammeln weiter Erfahrungen. Die zahlreichen Forschungsvorhaben nicht nur am Klinikum in Augsburg helfen uns sehr dabei, das Virus und die Infektionsfolgen zu verstehen und einzuordnen. Ich hoffe sehr, dass wir eines nicht allzu fernen Tages in der Lage sind, schwere Verläufe abzumildern und Schwerstkranke vor dem Tod zu bewahren.“ Dr. Christoph Römmele, der die Forschungsvorhaben als COVID-19 Task Force Manager koordiniert und selbst an zahlreichen Projekten direkt mitarbeitet, sagt: „Als jüngsteDeutscs Universitätsklinikum Deutschlands ist Augsburg bei der Corona-Forschung gut vertreten.“ Dafür konnten beachtliche Fördermittel in Millionenhöhe eingeworben werden, aufgeteilt in drei Töpfe.

Der größte mit allein 150 Millionen Euro, bereitgestellt vom Bund, ist das nationale Forschungsnetzwerk Universitätsmedizin (NUM), in dem sich bis auf einzelne Ausnahmen die deutschen Universitätsklinika zusammengeschlossen haben. Innerhalb des NUM laufen 13 Verbundforschungsprojekte; die junge Augsburger Uniklinik ist allein an acht Projekten und damit überdurchschnittlich oft beteiligt. Hervorzuheben sind dabei die Projekte

B-FAST:

Im Rahmen des Verbundprojektes wurde die III. Medizinische Klinik des UK Augsburg unter der Leitung von Prof. Dr. Helmut Messmann vom Bundesministerium für Bildung und Forschung beauftragt, ein Hygiene- und Schutzkonzept für klinische Bereiche zu entwickeln, in denen sich Arzt und Patient zwangsweise näherkommen müssen und deshalb möglicherweise einer besonders hohen Infektionsgefahr ausgesetzt sind. Dazu zählen Hals-Nasen-Ohren- und zahnärztliche Untersuchungen, Endoskopie und Gastroenterologie. In Bayern können diesen Bereichen im Rahmen der Studie CoREM NUM zweimalig unentgeltliche Antikörpertestungen angeboten werden. Zudem beinhaltet das Verbundprojekt die bereits oben erwähnte Erstellung eines übertragbaren Best practice-Konzeptes für die Steuerung der Besucherströme in medizinischen Gesundheitseinrichtungen in Pandemiezeiten. Der Lehrstuhl von Prof. Brunner evaluiert mithilfe umfangreicher Simulationsstudien die Besucherströme sowie die Kosten-Nutzen-Effektivität von verschiedenen Schutzmaßnahmen wie etwa FFP2-Masken im Besuchermanagement unter besonderer Berücksichtigung einer würdigen Sterbebegleitung. Die Konzeption und Auswertung umfangreicher Fragebögen für Gesundheitseinrichtungen definieren dabei den Status Quo als Grundlage für das Best-Practice Konzept. Die Bewertung und Integration von digitalen Lösungen für das Besuchermanagement werden ferner in dem Projekt untersucht.

EviPan:

Als Teil dieses Verbundprojekts, das unter anderem eine adäquate Ressourcensteuerung innerhalb einer Region zur Vermeidung ineffizienter Belegung von Intensiv- und Versorgungskapazitäten im stationären Bereich verfolgt, hat der Lehrstuhl von Prof. Brunner Vorhersagen der kurzfristig von COVID-19-Patienten genutzten Bettenkapazitäten entwickelt. Die Prognosen werden zwei Mal pro Woche für alle Rettungsbezirke in Bayern erstellt und vom Staatsministerium für Gesundheit und Pflege an die verantwortlichen Rettungsverbände geschickt. Des Weiteren steht das Forschungsteam im ständigen Kontakt mit Wissenschaftlern anderer deutscher Universitätskliniken, um sich z.B. über Verbesserungsmöglichkeiten der Prognosegenauigkeit, Datenverfügbarkeit und Verbreitungskanäle der Prognoseergebnisse auszutauschen.

Weitere Projekte, in die das Klinikum involviert ist, befassen sich etwa mit der Palliativmedizin, der Notaufnahme, der Radiologie, Autopsien, der Erstellung eines COVID-19 Patienten-Registers, dem Aufbau einer Forschungsdatenplattform.

Der Freistaat fördert insgesamt zehn Forschungsprojekte zu COVID-19 der Medizinischen Fakultät der Universität Augsburg, in die auch das Klinikum involviert ist. So untersuchen zum Beispiel Prof. Dr. Claudia Traidl-Hoffmann und ihr Team vom Lehrstuhl für Umweltmedizin das Blut von positiv auf das Virus getesteten Patienten. Sie versucht, darin diejenigen Botenstoffe (Biomarker) ausfindig zu machen, die Voraussagen für den Verlauf der Erkrankung ermöglichen. Erste Vorabergebnisse geben Anlass zu Hoffnung, denn die „Vorhersagen“ waren in einer Vorstudie mit über 80 Prozent großenteils zutreffend. Wenn dies künftig auch mit frisch erkrankten Patienten gelänge, könnten schwere Verläufe oder gar Todesfälle vielleicht verhindert werden.

Verschiedene Kliniken und Institute des Universitätsklinikums Augsburg haben ebenfalls Mittel zur Erforschung der Sars-COV-2-Erkrankung zur Verfügung gestellt. So haben drei am Standort selbst initiierte Projekte über die Grenzen Deutschlands hinaus für Furore gesorgt:

  • Die Studie des Instituts für Pathologie und molekulare Diagnostik am Klinikum, Erstautorin ist Dr. Tina Schaller, Leitende Oberärztin der Pathologie, wurde in der renommierten Fachzeitschrift Journal of the American Medical Association (JAMA) veröffentlicht. Die Studie zeigte, dass das Lungengewebe von verstorbenen COVID-19 Patienten irreversibel geschädigt war. Ursache der Schädigungen war das Virus, dessen Erbgut noch in den Atemwegen nachgewiesen werden konnte. Lungenschädigungen durch die invasive Beatmung konnten als Ursache weitgehend ausgeschlossen werden, da mehr als die Hälfte der Patienten nicht künstlich beatmet wurde. Diese Patienten hatten beispielsweise in einer Patientenverfügung angegeben, dass sie auf eine künstliche Beatmung unter allen Umständen verzichten möchten. Die massiv beeinträchtigte Sauerstoffaufnahme der Lungen führte schließlich zum Tod der Erkrankten. Schaller betont, dass das Forschungsvorhaben noch nicht abgeschlossen ist. Im ersten Teil waren zwölf Patienten obduziert worden. Inzwischen sind es bereits 120 an COVID-19 verstorbene Patienten, die obduziert oder teilobduziert worden sind beziehungsweise denen erkranktes Gewebe entnommen wurde.
  • Eine der größten, vom Freistaat Bayern mit 150.000 Euro geförderten Studien mit circa 400 Patienten wird derzeit unter Federführung von Oberärztin Dr. Yvonne Gosslau von der Klinik für Gefäßchirurgie und endovaskuläre Chirurgie erstellt. Die Klinik fand in einer früheren Studie heraus (siehe unten), dass COVID-19-Patienten unter anderem vermehrt an Thrombosen leiden. Die neue Studie untersucht an COVID-19 erkrankte Menschen im Großraum Augsburg auf unentdeckte Beinvenenthrombosen. Ziel ist die frühzeitige Erkennung und Behandlung, um dadurch mögliche Spätfolgen zu reduzieren. Zusätzlich wird mit den Partnern der Studie – dem Lehrstuhl für Epidemiologie und der Corona-Register-Studie (COKA) – der individuelle Abwehrstatus gegen das Coronavirus ermittelt.
  • Eine der wichtigsten Fachzeitschriften für Chirurgie in Deutschland, Der Chirurg, veröffentlichte die Studie der Gefäßchirurgen des universitäten Krankenhauses in Augsburg, in der die Experten COVID-19-Patienten aktiv auf das Auftreten tiefer Beinvenenthrombosen während ihres stationären Aufenthaltes auf der Intensivstation untersuchten. Es war weltweit eine der ersten Studien, die Patienten proaktiv begleitete. Alle Patienten mussten beatmet werden. Dabei kamen die Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass die Häufigkeit von tiefen Beinvenenthrombosen (TVT) bei Intensivpatienten mit COVID-19 deutlich höher war im Vergleich zur Kontrollgruppe. Gleichzeitig stellten sie fest, dass die COVID-19-Patienten neben der TVT auch deutlich erhöhte Proteinwerte im Blut aufwiesen, die, vereinfacht gesagt, bei der Auflösung eines Blutgerinnsels entstehen. Sie gehen auch davon aus, dass die Sterblichkeit von intensivpflichtigen COVID-19-Patienten durch TVT negativ beeinflusst wird. Parallel entwickelten sie einen Therapieansatz für diese Patientengruppe.

Hinweis:

Dies ist eine Pressemitteilung des Universitätsklinikums Augsburg.
Den Kontakt zur Pressestelle finden Sie hier: Presse.