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Endometriose - Das Chamäleon der Gynäkologie

Endometriose ist eine ebenso weit verbreitete wie unbekannte Frauenkrankheit und äußert sich mit vielerlei Beschwerden. Das Universitätsklinikum bietet ein Behandlungszentrum mit breitem Spektrum.

Ihre Symptome sind vielgestaltig und werden sogar von den Betroffenen häufig falsch gedeutet: Endometriose kann im ganzen Körper Schmerzen verursachen, wird aber auch als starker Menstruationsschmerz wahrgenommen. Manchmal beeinträchtigt sie das Immunsystem, ist der Grund für starke Erschöpfung, Stimmungsschwankungen oder Schlafstörungen (Details s. Kasten). Es gibt allerdings ebenso Patientinnen, die gar keine Beschwerden verspüren und der Erkrankung erst auf die Spur kommen, wenn ihr Kinderwunsch unerfüllt bleibt. »Ein sehr wichtiges und häufiges Krankheitsbild, das durch seine unspezifische Problematik oftmals schwer zu diagnostizieren ist,« beschreibt Professor Dr. Christian Dannecker, Direktor der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe im Universitätsklinikum Augsburg, dieses auch »Chamäleon der Gynäkologie« genannte Leiden. Weil sein Verlauf so unterschiedlich sein kann, oft kräftezehrend ist, ein erhöhtes Ruhebedürfnis, Konzentrationsschwierigkeiten und Reizbarkeit auslöst, sind die Patientinnen vielfach in ihrem Alltag und ihren sozialen Kontakten stark eingeschränkt. Ohne zu wissen, was eigentlich mit ihnen los ist. Die meisten Betroffenen haben vor ihrer Diagnose noch nie von Endometriose gehört.

Es muss nicht immer gleich operiert werden

»Voraussetzung für eine präzise Diagnose ist der Faktor Zeit,« betont Professor Dannecker. »Wir nehmen uns viel Zeit für eine umfassende Anamnese.« In einem interdisziplinären Team, bestehend aus Gynäkologen, Chirurgen und Urologen, kann gemeinsam mit der Patientin das beste Therapiekonzept entwickelt werden. »Unser Team verfügt über eine hohe Expertise auf dem Gebiet und bietet eine ebensolche Behandlungsqualität«, so Professor Dannecker. Momentan wird ein Zertifizierungsverfahren für dieses Zentrum eingeleitet, das die Leistung und die Qualität standardisiert und bewertet. Ganz sicher nachweisen lasse sich die Endometriose durch eine Bauchspiegelung (Laparoskopie). Der kleine Eingriff bietet gleichzeitig die Möglichkeit zur Therapie. Insbesondere bei ausgedehnter Endometriose kann die operative Entfernung betroffener Stellen oder eine Verödung mit Strom oder Laser die Methode der Wahl sein. »Aber,« hebt der Gynäkologe hervor, »wir gehen differenziert vor. Das heißt, dass nicht immer gleich operiert werden muss.« Wenn aber ein – »oft anspruchsvoller« – Eingriff etwa bei Schmerzpatientinnen notwendig ist, wird er bei Bedarf fachübergreifend von erfahrenen Operateuren durchgeführt. »Dabei verwenden wir in der Regel eine minimalinvasive Operationstechnik. Hier steht uns eine sehr moderne und leistungsstarke Ausstattung zur Verfügung,« unterstreicht Professor Dannecker.

Mögliche Anzeichen einer Endometriose:

  • Starke, oft krampfartige Schmerzen während der Periode
  • Wiederkehrende Schmerzen im Unterbauch, besonders in der zweiten Hälfte des Monatszyklus
  • Verstärkte Monatsblutung, Zwischenblutungen
  • Bauch- und Rückenschmerzen, die eventuell in die Beine ausstrahlen
  • Schmerzen beim oder nach dem Geschlechtsverkehr
  • Schmerzen bei gynäkologischen Untersuchungen
  • Schmerzen oder Probleme beim Stuhlgang oder beim Wasserlassen
  • Blutungen aus Blase oder Darm
  • Blähungen, Durchfall oder Verstopfung
  • Andauernde Schmerzen, unabhängig von der Menstruation

Ungewollte Kinderlosigkeit Individuell behandelt, ist die bisher nicht vollständig heilbare Krankheit gut in den Griff zu bekommen. Die Therapiekonzepte reichen je nach individuellem Beschwerdebild der Patientin vom Einsatz von Medikamenten bis zu chirurgischen Eingriffen. Ist die Familienplanung (noch) nicht abgeschlossen, wird eine Behandlung im Kinderwunschzentrum empfohlen oder weitergeführt

Hilfe bei unerfülltem Kinderwunsch

Als weitere wesentliche Behandlung wird im Universitätsklinikum die medikamentöse Therapie eingesetzt. Schmerzund krampflösende Medikamente lindern belastende Beschwerden ebenso wie bestimmte hormonelle Verhütungsmittel (Gestagen-betonte Anti-Baby-Pille oder andere Hormonpräparate). Sie dämpfen den Einfluss der weiblichen Geschlechtshormone auf die Endometriosezellen und/oder unterdrücken die Monatsblutung. So wird die Krankheit eine Weile stillgelegt, damit sich das Endometriose-Gewebe in dieser Phase möglicherweise zurückbilden kann. Da sie aber auch eine Schwangerschaft verhindern, kommen sie für Patientinnen mit Kinderwunsch kaum in Frage. Denn eine der sehr belastenden Auswirkungen der Endometriose kann Unfruchtbarkeit sein. Bei etwa 40 bis 60 Prozent der Frauen, die ungewollt kinderlos bleiben, ist sie die Ursache. »Durch eine Operation lassen sich Chancen auf eine Schwangerschaft verbessern,« stellt Professor Dannecker klar. Eine enge Zusammenarbeit mit einem Kinderwunschzentrum ist dabei fester Bestandteil der Therapieplanung

»Durch eine Operation lassen sich Chancen auf eine Schwangerschaft verbessern. «
Prof. Dr. Christian Dannecker | Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe

Schleimhaut auf Abwegen

Endometriose ist eine gutartige, chronische gynäkologische Erkrankung, die zwischen acht und 15 Prozent der Mädchen und Frauen zwischen Pubertät und Wechseljahren betrifft, und mit rund 40.000 neuen Fällen pro Jahr zur zweithäufigsten gynäkologischen Indisposition nach dem Brustkrebs zählt. Ab einem Alter von 30 Jahren steigt die Wahrscheinlichkeit, daran zu erkranken, stetig an. Nach der Menopause, der letzten Regelblutung, kommt sie kaum noch oder sehr gemäßigt vor. Dabei geraten Zellen, die der Gebärmutterschleimhaut ähneln, sozusagen auf Abwege. Sie können überall im Bauchraum wuchern, beispielsweise im Becken, am Eierstock, an Blase oder Darm. Ebenso wie die Gebärmutterschleimhaut wird auch das Endometriosegewebe außerhalb des Uterus periodisch auf- und wieder abgebaut und blutet. Allerdings kann das mit der Blutung abgestoßene Gewebe den Körper nicht verlassen. Es staut sich, zum Beispiel in der Bauchhöhle, in Form von Endometrioseherden. Daraus bilden sich Zysten, auch Schokoladenzysten genannt. Diese Prozesse führen zu chronischen Entzündungen, Vernarbungen und Verwachsungen und können Unfruchtbarkeit zur Folge haben. Die Krankheit äußert sich durch wiederkehrende Schmerzen, deren Stärke im Verlauf des Monatszyklus schwankt. Die Beschwerden verschlechtern sich häufig maximal kurz vor oder während der Menstruation, um sich danach wieder zu bessern. Weil viele Frauen sie als »normale« Regelschmerzen erdulden, vergehen laut Fachliteratur rund zehn Jahre, bis die richtige Diagnose gestellt und mit der passenden Therapie begonnen wird.

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