Zielgerichtete Therapien: Neue Behandlungsmöglichkeiten bei Krebserkrankungen

In den letzten 15 Jahren hat sich die medikamentöse Behandlung von Krebserkrankungen stark verbessert. Eine besonders wichtige Neuerung stellen dabei Medikamente dar, die gezielt die Unterschiedlichkeit von Krebs- gegenüber gesunden Zellen ausnutzen. Während die klassische Chemotherapie alle sich schnell teilenden Zellen im Körper – dazu gehören neben Tumorzellen beispielsweise auch Haarfollikel und Schleimhautzellen – angreift, werden mit der zielgerichteten Therapie nur Krebszellen zerstört: Zielgerichtete Medikamente „erkennen“ Besonderheiten, die nur in oder auf Krebszellen vorkommen, und greifen nur diese Zellen an.

Mechanismen der zielgerichteten Behandlung von Krebserkrankungen

Zielgerichtete Therapien erkennen Krebszellen im Wesentlichen durch zwei verschiedene Strategien, die an unterschiedlichen Punkten ansetzen. Die sogenannte Immuntherapie setzt dafür künstlich hergestellte Antikörper ein. Ganz allgemein sind Antikörper Y-förmige Eiweißmoleküle, die im Körper beispielsweise gezielt Viren identifizieren und angreifen. Die in der Krebstherapie eingesetzten Antikörper sind nahezu identisch zu den körpereigenen Antikörpern und können gezielt bestimmte Oberflächenveränderungen auf Tumorzellen erkennen.

Wenn solche Antikörper an Krebszellen andocken, führt dies entweder direkt zum Absterben der Krebszellen oder sie sorgen dafür, dass das körpereigene Abwehrsystem die Tumorzellen erkennt und angreift. Die Verabreichung von Antikörpern erfolgt über Infusionen. Die Immuntherapie wird bereits erfolgreich bei einer Vielzahl von Krebserkrankungen wie Lungen-, Brust-, Darm- sowie Blut- und Lymphdrüsenkrebs eingesetzt. Bei einigen Erkrankungen werden die Behandlungsansätze kombiniert: Zusätzlich zur Immuntherapie erfolgt eine Chemotherapie.

Die zweite Strategie in der zielgerichteten Therapie basiert darauf, dass bei einigen Krebserkrankungen in den Tumorzellen bestimmte kleine Zellbausteine, die sogenannten Kinasen, zu viel arbeiten und so die Vermehrung der Krebszellen mitverursachen. Neu entwickelte Medikamente – die sogenannten Kinasehemmer (auch: Kinaseinhibitoren) – blockieren die Kinasen zielgenau wie beim „Schlüssel-Schlüsselloch-Prinzip“ und lassen so die Krebszellen absterben. Bei einigen Krebserkrankungen ist diese Therapie sogar in Tablettenform möglich.

Ob bei einer bestimmten Krebserkrankung eine zielgerichtete Therapie mit Antikörpern oder Kinaseinhibitoren eingesetzt werden kann, hängt von bestimmten Eigenschaften der Tumorzellen ab. Um dies festzustellen, wird Tumorgewebe entnommen und untersucht.